30.8.2005 – auf den Spuren des D-Day am Omaha Beach
Heute haben wir nur kurze Stücke zu fahren, mit vielen Besichtigungspausen, was einigen ganz recht ist, denn sie müssen sich noch von der letzten Nacht und den Strapazen der gestrigen Fahrt erholen. Die einzelnen Ziele unserer Tour liegen alle sehr dicht zusammen, so das es sich teilweise fast nicht lohnt sich wieder komplett anzupellen. Zuerst besichtigen wir in Longues sur Mer die Batterie der 4 Geschütze. Seine internationale Berühmtheit verdankt der Ort der an den Klippen gelegenen deutschen Küstenbatterie, bestehend aus vier Langrohrgeschützen Cal. 12.5 cm. Diese fügte den alliierten Landungstruppen schweren Schaden zu. Obwohl über hundert Bomber der Royal Air Force am Vorabend der Invasion mehr als 600t Bomben abwarfen eröffnete die Batterie am nächsten Morgen ein Trommelfeuer auf die Angreifer. Erst als Schlachtschiffe der Invasionsfotte die Stellung unter Feuer nahmen legten die Geschütze eine kurze Pause ein um dann am Nachmittag des 6. Juni erneut das Feuer zu eröffnen. Erst am Abend schwiegen die Kanonen dann endgültig.
Dann fahren wir zum amerikanischen Soldatenfriedhof am Omaha Beach. Eine sehr beeindruckende, ja fast pompöse Anlage. Direkt hinter dem Eingang befindet sich ein Halbkreis förmiges Kolonnadengebäude. In den Kolonnaden sind die einzelnen Phasen der Truppenbewegungen während der Invasion abgebildet. In der Mitte steht eine etwa 7 Meter hohe Bronzestatue mit dem Titel: „Der Geist der Amerikanischen Jugend erhebt sich aus den Wellen“. Nachdem man die amerikanische Jugend in Form zehntausender gutgläubiger GIs aus vorwiegend ländlichen Gebieten der USA an den Stränden verheizt hat, kommt einem die Statue und der Titel befremdlich vor. Die Achse des Friedhofs geht von hier aus über ein Wasserbecken, genannt „der Spiegel“, zu einer Kapelle am anderen Ende. Inschrift: „I give unto them eternal life and they shall never perish“.
Das Gräberfeld besteht aus 9387 Grabmalen, hinzu kommen 1557 Vermisste derer in einem gesonderten Garten gedacht wird. Von den beigesetzten sterblichen Überresten der 9387 konnten 307 nicht identifiziert werden. Außerdem befinden sich darunter 3 Träger der Ehrenmedaille und vier Frauen. Die Toten jüdischen Glaubens sind durch ein Grabmal mit Davidstern gekennzeichnet der Rest mit Kreuzen. Nach Verdun der zweite Großfriedhof. Außerdem gibt es noch 14 weitere amerikanische Soldatenfriedhöfe auf französischem Boden.
Nach einem kurzen Abstecher zum Strand des Omaha Beach mit seinem Denkmal fahren wir als nächstes in ein privates Kriegswaffen und Ausrüstungsmuseum, das direkt an der Küstenstraße am Weg nach Pointe du Hoc liegt. (D-Day Omaha Museum, Vierville Sur Mer, www.dday-omaha.org). Dort wird in einer wüsten Ansammlung ein ziemlich großer Querschnitt durch deutsches und alliiertes Kriegsgerät gezeigt. Es gibt sogar eine ENIGMA. Flugzeugmotoren in fast jedem Zustand der Zerstörung, fast alle vom Meeresboden gefischt. Auch ein Hellschreiber, eines der ersten Faxgeräte und eine optische Richtfunkanlage von Carl Zeiss ist dort zu sehen. Ein Klappmoped, eine gewaltige Kettensäge von min. 150 cm Schnittbreite mit Benzinmotor. Zur Bedienung waren sicher mindestens 3 Leute nötig. Wie man sieht, gab es viele der heutigen Dinge schon damals. Bei einem Gespräch mit dem Museumsdirektor erfahren wir, dass er in einem Lager noch etwa 2 mal so viele Sachen gehortet hat, aber leider auf dem jetzigen Standort nicht ausbauen kann. Wir kommen überein, dass die Politiker nichts, aber auch gar nichts dazugelernt haben.
Wir fahren weiter zum wenige Kilometer entfernten Pointe du Hoc.
Hinter St. Pierre du Mont biegt von der Hauptstraße (D514) ein Straße zur Pointe du Hoc ab. Hier hat die Brandung aus dem weichen Jurakalk ein Felsnadel heraus gewaschen, die sich unmittelbar vor der zerklüfteten Küste erhebt. An diesem weit hervorragenden Abschnitt der Coté u Nacre hatten die Deutschen eine Küstenbatterie eingerichtet von der aus große Teile der Seine Bucht eingesehen werden. Diese durch unterirdische Felsgänge miteinander verbundenen Geschützbunker waren durch die alliierten nur unter schwersten Verlusten einzunehmen. Vorbereitet wurde der Sturmangriff durch schweres Geschützfeuer eines amerikanischen Schlachtschiffs ( Anm. d. Verf. : Es war die ‚Nevada‘ mit ihren über-schweren Kalibern von 42 cm. Ein Geschoss wog 900 kg. ) Die Einschlagskrater sind noch heute zu sehen.
Das Infoblatt der American Battle Monument Association sagt hierzu: „Auf einer Klippe, 8 Meilen westlich des amerikanischen Soldatenfriedhofs wurde ein Monument durch die Französische Regierung errichtet. Es steht auf einer ca. 35m. hohen Klippe am äußersten Rand der Geschützstellung.“ Es ist ein simpler Granit-Pylon der aussieht als wenn er in einem aufgeschlagenen Buch steht. Er ist auf einem alten Bunker errichtet. Die Anlage wurde 1979 an die Amerikaner übergeben und ist in ihrer Topographie noch im Originalen, von Granaten und Bomben zerwühlten Zustand erhalten. Da diese Stelle inzwischen sehr bröckelig geworden ist, ist der Zugang direkt zum Denkmal inzwischen gesperrt.
Hier wurde der Angriff von einer 265 Mann starken Rangertruppe geführt, die nach langem verlustreichen Bunkerkampf die Stellung knackten und diese dann 2 Tage gegen deutsche Truppen, die von außen die Stellung zurückerobern wollten, gehalten haben. Von den 265 haben 90 überlebt, zum größten Teil verwundet. Grund hierfür war, dass der führende Offizier eine Erfolgsmeldung abzusetzen versuchte, aber im Tempo der Invasion die zuständige Leitstelle nicht erreichte. Daraufhin hat man den Angriff als gescheitert angesehen, die Truppe abgeschrieben und sich anderen Dingen gewidmet. Erst nach 2 Tagen drang der Offizier mit seiner Meldung durch, worauf dann endlich Ersatz geschickt wurde. Soviel zu dem Thema der Soldat als Manöveriermasse, Material oder Kanonenfutter.
Um von dem ganzen martialischen Kram ein wenig Abstand zu gewinnen fahren wir dann noch nach Grandcamp Maisy und sehen uns den alten Hafen mit seinen Fischkuttern bei Ebbe an. Wir suchen uns eine fotogene Stelle um unsere Motorräder vor der Hafenkulisse abzulichten. Klingt einfach, artet aber zuweilen in einen kleinen logistischen Kraftakt aus. Aber irgendwann stehen sie so, das man alles drauf kriegt. Siebeneinhalb km südlich davon befindet sich noch der größte deutsche Soldatenfriedhof mit 21.300 Gräbern. Wer immer noch guten Mutes ist sollte sich das dann auch noch ansehen um endgültig depressiv zu werden. Diese Ganze Küste müsste eigentlich mit Ihren Gedenkstätten und Soldatenfriedhöfen als ein einziger Aufschrei gegen jede Form von Krieg verstanden werden. Wird sie aber nicht. Im Gegenteil. Wie mir der Museumsbesitzer freudig mitteilte sind seine besten Kunden die deutschen Neonazis. Er wirbt jedenfalls in den einschlägigen Zeitschriften der Szene und im Internet mit großem Erfolg.
Heute Abend essen wir im Hotel/Restaurant „Le Mulberry“ ganz ausgezeichnet und mit vergleichsweise gutem Preis/Leistungsverhältnis. Es liegt nicht an der Promenade sondern etwas oberhalb versteckt in einer Seitenstraße. Leider mussten wir dann später feststellen, dass dieses Restaurant Mittwochs und Donnerstags geschlossen ist, sonst hätten wir sicherlich weiterhin dort zu Abend gespeist.
Hinweis
Der kursive Text sind Auszüge aus den Reiseführern ‚Normandie‘ v. Hans Otzen aus d. Serie „Reise Know How“, aus dem Marco Polo Reiseführer Normandie, sowie aus dem Michelin Reiseführer.
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