Norwegen – die letzte Etappe

Tag 13: von Torsetlia Fjellstue og Hyttegrend nach Bogstad Cp & Turistsenter NAF, ca. 248km

Eigentlich hatte ich mir als Überschrift für diesen Artikel „Kennwort Schweres Wasser“ ausgesucht aber das es heute Wasser im Überfluss geben würde deutete sich ja leider gestern schon im Wetterbericht an und so werden heute wohl alle geplanten Aktionen auf dem Weg nach Oslo ausfallen müssen. Einzig verbliebenes Ziel ist es, so schnell wie möglich nach Bogstad zu kommen und darauf zu hoffen, das es am Abend aufklärt. Der Blick aus dem Fenster unserer Luxus Hütte zeigt knapp über uns tief hängende Wolken uns es regnet jetzt schon recht kräftig. Schweren Herzens verlassen wir unsere warme Hütte nachdem wir klar Schiff gemacht haben und ziehen uns die Regenkombis über um nicht gleich komplett durch zu weichen.

Eh ich weiter auf die Geschichte mit dem Schweren Wasser eingehen kann müssen wir erst noch hoch auf das Imingfjell wo der See Sønstevatn liegt. Es soll hier oben ja ganz schön sein nur kann ich das leider nicht selber bestätigen. Wir fahren schon gleich nach verlassen der Rv40 direkt in die Wolken und die Sicht liegt irgendwo bei 50-100m. Ein Vorteil hat die Sache aber: Regnen tut es nur unter den Wolken. So können wir die Auffahrt zum See nicht wirklich genießen und als wir über den Höhenrücken einbiegen versucht uns ein kräftiger Seitenwind von der Straße zu schieben. Das ist nicht wirklich lustig. Die hier oben stehenden WoMo Fahrer haben sich sicherlich gestern auch was anderes Vorgestellt.

So langsam kommt das Thema tanken wieder auf. Der Kilometerstand nähert sich schon wieder mächtig der magischen Grenze und so sind wir froh einen Automaten kurz vor Fjærdingen zu finden. Der Akzeptiert meine Karte rückt aber trotzdem nichts raus. Keine Säule lässt sich anwählen was unseren Blutdruck nach oben treibt. Wir stehen inzwischen wieder im Regen und ein Dach gibt es hier nicht. Also weiter nach Austbygdi wo wir an einer weiteren Automaten Tankstelle endlich was bekommen. Und hier gibt es sogar ein Dach.

Wir befinden uns schon am Nordende des See Tinnsjø, der eine Zentrale Rolle in der Geschichte um das Schwere Wasser spielt. Wenn das Wetter schön gewesen wäre, hätten wir einen Abstecher nach Vemok an der Rv37 machen können um das dortige Wasserkraftwerk zu besichtigen. Hier wurde im 2. Weltkrieg mit der überschüssigen Energie aus der Stromproduktion das sogenannte Schwere Wasser (Deuteriumoxid) erzeugt, das zur Neutronenregulierung bei Kernspaltungen eingesetzt wird. Die Produktion stand unter deutscher Kontrolle, was den Alliierten natürlich gar nicht gefallen konnte. So wurde durch den Einsatz eines Sonderkommandos letztendlich die Lieferung der Produktion nach Deutschland sabotiert und die Fähre Hydro im See Tinnsjø samt Ladung und Besatzung versenkt. Die Fässer liegen heute noch immer auf über 400m Tiefe und die Stelle ist offiziell eine Kriegsgräberstätte.

Wir beschränken uns heute darauf das Ende der Bahnstrecke vom Kraftwerk zum See zu besuchen. Hier in Mæl endet die sogenannte Rjukanbahn am Wasser, wo die Züge auf die Fähren verladen wurden. Heute kann man hier die verbliebene Dampffähre Ammonia besichtigen und auf den Gleisen vor der Fähre ein paar besondere Eisenbahn Wagen zum Schwerlast- und Säure Transport. Wir müssen aufpassen, das uns die Kameras nicht wieder absaufen und machen ganz schnell ein paar Bilder. Wer sich für die Geschichte interessiert sei der verlinkte Wikipedia Artikel empfohlen.

Wer bei schönen Wetter das Kraftwerk besuchen will sollte vorher zur Ammonia fahren. Dann kann man zurück vom Kraftwerk den Weg (Rv651) über die Berge nehmen und die Hauptstraße vermeiden. Wir wollen aber schnell weg und bleiben deshalb auf der Rv37, die uns immer am See Entlang bringt. Sicher auch eine schöne Strecke, aber so richtig beurteilen können wir das mangels Sicht nicht.

Wir fahren bis zur Fernstraße 134 und dann über Notodden und Kongsberg nach Oslo. Keine gute Idee, denn hier scheint sich Norwegens Verkehr zu bündeln. Dichtes Kolonnenfahren ist angesagt und das macht im noch immer anhaltenden Regen einfach keinen Spaß. Besser dürfte es sein der parallel verlaufenden Rv37 zu folgen, dann über die Dörfer und am Tyrifjord vorbei zu fahren. Leider konnten wir das aber heute nicht testen. Wir sind genervt und durchweicht und mehr als froh, als wir unseren Campingplatz am Nachmittag erreichen.

Bogstad Camping ist der größte Campingplatz Norwegens und liegt im Norden von Oslo am Bogstadvannet, unweit vom Holmenkollen, der weltberühmten Skisprunganlage. Unser Plan die heute für ein paar Fotos zu besuchen begraben wir auch. Da oben auf dem Berg hängen die Wolken und man sieht nichts. Außerdem regnet es noch immer weiter. Wir wringen unsere Sachen aus und genießen erst mal die trockene Ruhe in unserer Hütte. Wir sind kaputt.

Am Abend laufen wir ein paar Meter rüber in ein Restaurant. Wir haben noch Kronen übrig und die müssen jetzt weg. Jetzt wissen wir auch, warum die Pizzen hier immer so teuer sind: Carlo bestellt sich eine und bekommt ein Wagenrad von Pizza. Aha, hier bekommt man immer Familienpizzen. Das hätte ich vorher wissen müssen und hätte mir dann das Hamburger-Menü sparen und Carlo bei der Vernichtung des Wagenrades helfen können. Der Rest der Kronen geht für ein paar Bier aus dem Supermarkt drauf bei denen wir den Abend ausklingen lassen.

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Norwegen – die Rückreise

Tag 14 und 15: Mit Colorline nach Kiel und dann nach Berlin

Der Regen über Oslo hat erst in der Nacht aufgehört aber auch heute Morgen bleiben uns die tief hängenden Wolken erhalten. Die Hoffnung auf dem Weg zur Fähre doch noch Bilder am Holmenkollen machen zu können müssen wir begraben. Da ist einfach nichts zu sehen. So lassen wir es am Vormittag langsam angehen und versuchen den Boden der Hütte sauber zu bekommen, aber das ist bei all dem Nassen Zeug draußen nicht einfach. Es gibt keinen Fußabtreter.

Meine Klamotten sind fast trocken geworden. Die Stiefel sind aber noch etwas klamm. Die kommen jetzt noch mal auf die Heizung. Wir packen unseren Kram so, das wir wieder das nötigste für die Fähre griffbereit haben und nicht so viel mit schleppen müssen. Wir haben noch über 2h Zeit um die 10km zur Fähre zu fahren. Eigentlich wollten wir noch am Schloss vorbei um Bilder zu machen aber es ist noch immer diesig, das Schloss derzeit eingerüstet und halten darf man auch nirgends. Hier kommt man am besten als Fußgänger bei schönen Wetter vorbei.

ColorMagic Bug TorSo fahren wir gleich zur Fähre und verbringen die Zeit mit den ganzen anderen deutschen Norwegen-Fahrern, die von ihrer Tour auf dem Rückweg sind. Durch die Bank reden wir mit zufriedenen und begeisterten Fahrern, die ihre Tour so genossen haben wie wir. Es wird viel fachgesimpelt, mein Helm mit der BlueBike Anlage macht die Runde und benutzen ihn wieder um ein wenig Musik während des Wartens zu haben. Dann geht das Tor auf und das Boarding geht los. Leider müssen wir diesmal den Autos den Vortritt lassen und die Motorräder kommen als letztes drauf. Bemerkenswert sind auch die Trailer Fahrer, wie sie mit speziellen Zugmaschinen die LKW Anhänger ratz-fatz in den Rumpf der Fähre bugsieren.

Promenadendeck auf der ColorMagicNach der üblichen Prozedur zum verzurren der Mopeds suchen wir unsere Kabine, machen uns fit für das Schiff und beobachten das Ablegemanöver kurze Zeit später vom Sonnendeck. Pünktlich beim Ablegen der Fähre reißt der Himmel auf und die Sonne guckt raus. In der Ferne sehen wir die Skisprungschanze über der Stadt, wie sie aus den Wolken raus guckt, die sich da weiter hartnäckig halten. Wir machen noch Fotos, bummeln ein wenig durch das Schiff. Gegessen habe wir diesmal in der Sports Burger Bar auf dem Sonnendeck und für den Abend haben wir uns im Duty Free Shop eingedeckt. Die allerletzten Kronen bleiben dann im Monkey Pub für ein paar Bier.

Spät am Abend verabschiedet uns die Sonne mit ein paar Strahlen und wir verziehen uns in die Kojen. Anfangs war durch das miese Wetter in Oslo die Fahrt ein wenig ruppig. Der Wind setzte dem großen Schiff ein wenig zu und es gab ein wenig Schlingern. Das hat dann aber nachgelassen als wir schlafen gehen. Unser Frühstück am Morgen war dann ein großer Becher Kaffee vom Promenadendeck. Als Laboe in Sicht kommt begeben wir uns langsam runter ins Autodeck um diesmal in aller ruhe unsere Motorräder von den Gurten zu befreien und startklar zu machen. Auch hier kommen wir mit den Bikern vom Abend wieder ins Gespräch und so verfliegt die Zeit wie im Flug. Das Tor geht auf und wir sind wieder in Deutschland.

Als letzte Aufgabe steht der Rückweg nach Berlin auf dem Programm. B404 und A24 sind noch einmal angesagt. In Kiel schätzen wir wann wir tanken müssen und machen uns auf den Weg. Carlo gehört zu den Leuten, die für manche Dinge Beweise benötigen und so stellen wir definitiv fest: Der Tank einer BMW R850r reicht für 330km … 5km zu wenig bis zu nächsten Tankstelle 🙂 Was nun kommt kenne ich schon und eine halbe Stunde später ist Carlo wieder fit. Danke an die Esso Tankstelle Schaalsee Süd für den Kanister.

Der Rest ist ödes Autobahnfahren mit zunehmenden Verkehr Richtung Berlin. Gegen 16Uhr ist dann unsere Norwegentour endgültig beendet und ich mache mich erst mal über die Wäsche her.

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Bilder vom Tag

Norwegen – ein Rückblick

Wenn man wieder zu Hause ist, die Bilder sichtet und die Track Aufzeichnungen ausliest und aufbereitet kommen einem unwillkürlich Gedanken und Erinnerungen an die eben abgeschlossene Reise. Solange die noch frisch sind mache ich mich daran das Erlebte nieder zuschreiben um später selbst mal wieder zu lesen was man erlebt hat und wo man war. Nach Jahren verblasst das und wenn ich so durch meine Berichte stöbere ist alles wieder da.

Wir haben diese Reise ja auch nicht zum reinen Vergnügen unternommen. Wir haben Ausrüstung getestet, Berichte darüber geschrieben und Unterkünfte erkundet. Vielleicht sind die so gewonnen Informationen für den einen oder anderen Norwegenfahrer von Nutzen, wenn er selber eine Tour durch das Land plant. Ich finde es immer hilfreich Berichte anderer Leute zu lesen und aus deren Erfahrungen nutzen zu ziehen. Ich hoffe auf diesem Weg meinen Teil dazu beizutragen.

Unsere Tour war sehr ambitioniert. Über 4000km in 14 Tagen ohne Pausentag sind doch schon etwas stramm. Wenn ich die Tour noch mal machen würde und die Zeit sowie das nötige Geld hätte, sollte man mindestens 3 Wochen einplanen und Station in Furøy, Tråsåvika, Solvang und Oslo machen um die Sehenswürdigkeiten der Umgebung an mehreren Tagen zu erkunden. Unsere anderen Stationen laden auch alle zum verweilen ein. Wir haben uns überall willkommen gefühlt und würden jederzeit die besuchten Plätze erneut aufsuchen.

Die Tour kann man auch runter laden und als Vorlage für eigene Touren nutzen:
Tour als Garmin .gdb runter laden
Tour als Universal .gpx runter laden

Apropos Geld: Norwegen ist teuer – sehr teuer. Es gehört zu den teuersten Reiseländern der Welt. Ein Liter Benzin kostet rund 2€, die Mehrwertsteuer beträgt 25% (kann man sich auf der Fähre Kiel – Oslo bei Einkäufen in Norwegen erstatten lassen) und die Preise für Lebensmittel sind recht hoch. Wer Essen gehen will sollte mindestens mit dem doppelten Preis rechnen, den man bei uns gewohnt ist. Alkohol ist exorbitant teuer. Eine Dose Bier kann man für 7-10€ erstehen, je nach Sorte und Ort. Selbstversorger und Angler (wenn sie was fangen) kommen besser weg aber auch hier sollte man mit mindestens 500€/Woche kalkulieren. Die Kronen rinnen nur so durch die Finger.

Eine weitere Spezialität in Norwegen sind die Zahlungsmittel. Fast jeder Betrag wird mit der Kreditkarte + Pin bezahlt. An den Tankstellen werden unsere deutschen Kreditkarten mit Unterschrift akzeptiert. Manche Terminals stellen sich sogar automatisch auf die richtige Sprache um. Maestro/EC Karten der Sparkasse wurden an Geldautomaten und Automatentankstellen problemlos akzeptiert. Pin nicht vergessen! Ein Umtausch von Euro in NOK ist hingegen nur auf der Fähre möglich. Es ist uns im Land nicht gelungen irgendwo Euro zu wechseln. Somit ist eine Kreditkarte einfach Pflicht.

Beim Wetter sollte man als Motorradfahrer auf alles vorbereitet sein. Am besten Klamotten im Zwiebelprinzip dabei haben. Wir sind an bestimmten Tagen mit bis zu 5 Schichten gefahren. Selbst Anfang Juli hatten wir Temperaturen bis 5° bei Regen und Gegenwind in der Höhenlage. Auch in den Tunneln ist es im Hochsommer oft sehr kalt. Anderseits sollte man nicht nur Wintersachen dabei haben denn wenige Stunden später kann einem die Sonne mit 30° auf den Kopf scheinen.

Norwegen ist nicht in der EU aber im Schengen Abkommen. Das bedeutet für uns das der gültige Personalausweis reicht. Eine grüne Versicherungskarte dabei zu haben kann nicht schaden, ist aber nicht Pflicht. Wir haben alle eine ADAC plus Mitgliedschaft die uns auf der Tour gut geholfen hat. Da weite Gegenden Norwegens dünn besiedelt sind, kann man es eigentlich ausschließen wichtige Ersatzteile vor Ort zu bekommen. Selbst Reifen zu kriegen ist nicht immer einfach.

Beim Planen der Unterkünfte hatten wir ausgezeichnete Hilfe von Visit Norway, die uns dann an lokale Reisebüros weiter gereicht haben. Die Damen und Herren machen da einen perfekten Job und wir haben ihnen viel zu verdanken. Wer in Hütten übernachtet und ein bisschen sparen will nimmt einen leichten Schlafsack und ggf. ein Reisekissen mit. Vermietet wird in der Regel ohne Bettwäsche, die kostet extra. Ich hatte noch 2 Microfaser Handtücher dabei, die sich als sehr praktisch erwiesen haben. Die trocknen schnell und lassen sich in ihren Beuteln gut verstauen ohne viel Platz zu belegen.

Fast überall spricht man auch englisch. Wir sind damit perfekt durchgekommen.

Norwegen ist eine Reise wert.

Die Reiseroute in der Übersicht

Download file: norwegen.gpx