Norwegen – Land unter

Tag 10: von Tråsåvika Camping  nach Solvang Camping, 309km

Heute müssen wir erst mal eine Entscheidung treffen wie wir den Tag angehen. In Trondheim kommt gegen Mittag der neue Bremszylinder für Carlo an. Nach einer erneuten Sichtung am Motorrad beschließen wir aber uns das Teil nach Hause schicken zu lassen. Die BMW scheint noch weiter durchzuhalten und das Schauglas zeigt keine Luft. Das ist auch gut so, da wir heute eine recht lange Etappe vor uns haben und auch ein paar feste Stopps für Fotos eingeplant haben.

Aber was nützt all die schöne Planung, wenn Petrus nicht mitspielt? In der Nacht begann es zu Regnen und es hört einfach nicht mehr auf. Ein penetranter Dauerregen wird uns den ganzen Tag begleiten. Schon beim beladen der Motorräder direkt vor der Tür werden wir durchgeweicht. Es macht keinen Spaß. Wir werden auch gleich zusätzlich die Regenkombis überziehen da sich die Sachen von MotorFast diesem Wetter geschlagen geben müssen. Da gibt es wohl nur wenige Hersteller, die dicht bleiben, wenn man 6-8h unter der Dusche steht.

Unser Weg wird heute der E39 folgen. Das geht auch ohne Navi ganz gut da man einfach der guten Ausschilderung folgen kann. Unsere Stimmung ist etwas gedrückt. Die Wolken hängen sehr tief, man sieht kaum was von der Landschaft. Auch an der Mautstation Krifast, die einzige auf der Tour wo auch Biker zahlen müssen, lohnt sich nicht den Fotoapparat auszupacken. Alles Grau in Grau als wir die Imposante Gjemnessund Brücke überqueren. Bei der Planung habe ich schon gesehen, das sich hinter der Brücke irgendwas tut und richtig, hier wird gebaut. Die E39 wird durch einen neuen Tunnel durch die Insel geführt, aber der ist noch nicht fertig. Das Navi kennt die Strecke schon aber wir folgen der alten Trasse an der Küste entlang. Bei gutem Wetter ist das viel schöner.

So ein Boxer, wie Carlo ihn fährt, entwickelt bei diesem Wetter besondere Qualitäten. Die Zylinder sind ideal dafür geeignet die durchweichten Handschuhe zu trocknen und die Hände aufzuwärmen – wenn man keine Griffheizung hat. So arbeiten wir uns bis Molde durch, wo wir auf die 64 abbiegen und einen weiteren verwegenen Tunnel unter dem Fjord durch nehmen. Es folgt eine der inzwischen gewohnten Fährpassagen und kurze Zeit später müssen wir auf der 136 aufpassen den Abzweig zum Trollstiegen nicht zu verpassen. Den nimmt man möglicherweise nicht so ganz ernst da man das zuerst für eine Fußgängerbrücke hält, aber nein, hier geht es wirklich rein auf die 63.

Die Straße ist schmal und windet sich das Tal hinauf. Wir müssen uns an ein paar WoMos vorbei quetschen die lieber in die Gegend gucken als auf die Straße. Zu sehen gibt es aber sowieso nichts. Die Wolken sitzen im Tal fest und es regnet ohne Unterlass weiter. Als nach den letzten Biegungen der Imposante Aufstieg vor uns liegt gibt es die ersten leichten Bedenken. Bei trockener Straße richtig nett aber jetzt läuft das Wasser in kleinen Bächen über die Fahrbahn. Dazu sind einige Busse und andere Fahrzeuge unterwegs. Wir nehmen es sportlich und machen uns vorsichtig auf den Weg nach oben.

Uns bleibt nichts anderes Übrig als auf Bilder im Web zu verweisen, wenn man was vom Trollstiegen sehen will, denn wir sehen einfach nichts. Nur Wolken und Wasser. Auf der Fahrt nach oben müssen wir sehr aufpassen denn auch das Wasser auf den Visieren der Helme stört gewaltig. Zum Glück beschlagen sie nicht, da das Pinlock innen Visier im HJC Helm ganze Arbeit leistet. Bei unseren versuchen doch noch Bilder zu machen befürchten wir das uns die Kameras absaufen. Ein Unterwasserschutz wäre hier nicht die falsche Option.

Oben auf dem Trollstiegen halten wir bei merklich gefallenen Temperaturen noch einmal auf dem Aussichtsparkplatz und folgen dem Schmelzwasserfluss bis zu seiner Fallkante. Die Norweger haben einen spektakulären Laufsteg direkt an die Kante gebaut und wer nicht schwindelfrei ist könnte seine Probleme bekommen. Teilweise kann man durch Gitter nach unten direkt in das reißende Wasser zu seinen Füßen gucken. Es tost ohne Ende. Ich möchte nicht wissen, wie viele Millionen Fotos hier geschossen wurden. Wir schaffen nur eine Handvoll und sehen zu die teure Technik schnell wieder trocken zu legen.

Da das Wetter so mies war muss ich an dieser Stelle einfach mal auf ein Video bei YouTube verweisen, was mehr von dieser schönen Gegend zeigt. Das Video stammt nicht von mir.

Wir fahren anschließend weiter auf der 63 bis zur Fähre nach Eisdal über den Norddalsfjord. Endlich bleibt der Regen hinter uns, aber trocken ist es noch lange nicht. Nach der Fähre geht es auf der 63 weiter das Tal hinauf in Richtung Geiranger, aber der steht erst morgen auf dem Plan. Heute ist nach wenigen Kilometern Station mitten im Tal auf dem Solvang Camping Platz. Hier haben wir eine große Hütte für uns und fangen sofort an unsere Klamotten zu trocknen. Trotz zusätzlicher Regenpelle sind alle Sachen irgendwo nass und die Schuhe sind durch. Das wird bis zum nächsten Morgen dauern und wir freuen uns über die Heiße Dusche in der Hütte.

Der Platz selber ist etwas anders als die vorher von uns besuchten. Hier gibt es kein Internet, kein Fernsehen und kein Radio, was uns nicht weiter stört. Dafür kann man in der Rezeption Frühstücken und auch etwas richtiges essen. Es ist recht ruhig auf dem Platz und man hört nur das Rauschen der umliegenden Schmelzwasserflüsse die von den Bergen herunter kommen. Sogar die Sonne lässt spät am Abend noch einmal blicken, was uns ein wenig Hoffnung für den nächsten Tag gibt. Wir nutzen die Ruhe um Carlos Kamera trocken zu legen, die Feuchtigkeit im Objektiv hat.

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Norwegen – Die Sonnenseite

Tag 11: von Solvang Camping nach Sjøtun Camping

Die Nacht war ganz schön frisch aber jetzt lacht uns die Sonne entgegen als wir auf der Terrasse sitzen und Kaffee trinken. Keine Wolke ist mehr zu sehen und das Regenwetter von gestern scheint nur noch graue Erinnerung zu sein. Spätestens bei der Kontrolle der Sachen fallen die noch immer etwas klammen Stiefel auf die davon zeugen, was gestern auf der Piste los war. So verrichten wir in Vorfreude auf den Tag unser tägliches Aufbruchprogramm, verabschieden uns vom Campingplatz und machen uns auf der 63 in Richtung Geiranger auf den Weg.

Geiranger ist ein kleiner Ort am Ende des Fjords mit gleichen Namen. Auf fast keiner Norwegen Postkarte fehlt ein Bild von diesem Fjord, in dem sich ausgewachsene Kreuzfahrtschiffe tummeln. Wir haben das beste Wetter was man sich vorstellen kann und lassen die Fotoapparate heiß laufen. Wir sind schließlich auch Touristen und dürfen das. So zieht sich die Abfahrt ins Tal ein wenig aber uns hetzt ja keiner – noch nicht.

In Geiranger kommen wir an eine Tanksäule vorbei. Der Blick auf meine Anzeige zeigt noch reichlich was drin, das Navi sagt das die nächste in ca 13km Entfernung ist. Rückfrage bei Carlo über die BlueBike Anlage und von dort kommt auch das OK für die nächste Tankstelle. Das halten wir mal so fest. Weiter geht es jetzt am anderen des Tals den Berg hoch. Der Verkehr ist schon recht ordentlich, alles voller Touristenbusse. Was anderes haben wir aber nicht erwartet. Carlo gibt ein bisschen Gas um die Kurven auszukosten. Ich mach langsamer und schieße Fotos. Bald hole ich ihn ein wie er auf mich wartet und eine raucht – wirklich? Man ahnt es sicher schon, der Sprit in seiner BMW ist alle 🙂 Die Tankanzeige ist eher ein Schätz-o-Meter und durch die Bergauffahrt stieg der Verbrauch. Also was solls, ich lade Gepäck ab und fahre zur nächsten Tankstelle. Blöderweise falle ich auf mein Navi rein, was mir auch nach Jahren der Benutzung mal passieren darf. Das Garmin278 ist kein Straßennavi und zeigt die gesuchten Wegpunkte in der Entfernung als Luftlinie an und so werden aus jetzt noch 12km gut 35km Straße. Ich darf den ganzen Weg am Dalsnibba vorbei zur 15, durch die 3 folgenden Endlostunnel, die Serpentinen runter nach Grov zur Automatentankstelle (!) wo ich mit mühe und Not ein Benzin taugliches Behältnis auftreiben kann. Dann der ganze Spaß zurück zu Carlo, der die Aussicht genießt und sich sonnt.

Es steht fest: die R850r kommt 330km weit mit einer Tankfüllung. Als die BMW wieder läuft geht es nochmal den ganzen Weg. Dalsnibba müssen wir wegen dem Zeitverlust von fast 2 Stunden auslassen (sehr schade!) und so fahren wir heute ein 2. mal tanken. Bei der anschließenden Pause auf dem neben liegenden Rastplatz bleibt noch ein Messer liegen, was wir erst abends merken – ärgerlich. Aber wenn man Pech hat, gesellt sich oft noch was dazu. Und habe ich schon erwähnt, das es in den Tunneln wirklich kalt ist?

Wir fahren weiter auf der 15 um bei Hjelle kurz die ausgebaute Strecke zu verlassen. Wir fahren nicht durch den Hjelletunnel sondern den alten Weg am Ufer des Strynevatnet entlang. Eine gute Entscheidung, denn es ist schön hier und ruhig. Nur wenige Meter weiter betätigen wir uns als Ziegenhirte als uns eine Herde Zwergziegen vor die Motorräder rennt. So gesehen war der kurze Abstecher echt ein Stimmungsheber nach all dem Stress.

In Stryn verlassen wir die 15 und biegen auf die 60 ab, die uns um den Innvikfjord bringt. Wieder so eine schöne Strecke direkt am Wasser, wo man nicht weiß, wohin man zuerst gucken soll. In Utvik geht es dann überein paar Serpentinen den Berg von 0 auf 600m auf das Utvikfjell rauf. Wieder runter vom Bergrücken kommen wir nach Byrkjelo wo wir unsere alte Bekannten E39 treffen und uns in den Verkehr einreihen, der hier sprunghaft ansteigt. So quälen wir uns einige Zeit am See Jølstravatnet entlang um dann die Erlösung auf der Route 13 zu finden, auf die wir nach links abbiegen. Diese Route wurde als Touristenroute angelegt und so sind wir hier genau richtig.

LikholefossenEs herrscht fast kein Verkehr und es geht durch eine beschauliche Landschaft. Alle paar Meter gibt es was zu sehen und der Fotoapparat bleibt immer griffbereit. Allerdings treffen wir hier wieder auf diese langen Bodenwellen, die für zusätzlichen Spaß beim fahren sorgen. Da haben die Dämpfer wieder was zu tun. An einem ausgewiesenen Rastplatz machen wir einen Halt und gehen runter zum Fluss Gaularvassdraget. Über eine Stromschnelle (Likholefossen) ist eine stabile Edelstahlbrücke in Form einer Hängebrücke gebaut worden die es erlaubt direkt über  die Stromschnellen zu wandeln – das hat was.

Langsam fahren wir das Tal hinauf und kommen auf gut 740m am Ende an. Hier am Nystolsvatnet haben wir dann noch mal ein paar schöne Haarnadelkurven runter in das Tal mit Aussicht ohne Ende. Man kann sich kaum zwischen gucken und fahren entscheiden. Im weiteren Verlauf geht es am Vetlefjord und Esefjorden entlang unserem Ziel in Balestrand entgegen, wo wir auf dem Sjøtun Camping Platz einchecken.

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